Die Gesundheit eines Menschen ist sehr individuell. Häufen sich allerdings Krankheitstage, so kann der Arbeitgeber zur krankheitsbedingten Kündigung greifen. Die krankheitsbedingte Kündigung ist eine Form der personenbezogenen Kündigung.
Zur Erfüllung der von der Rechtsprechung vorgegebenen Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung sind vier Schritte zu beachten:
Zunächst muss einer krankheitsbedingten Kündigung ein hoher Krankenstand vorausgehen. Bei einer Gesamtbetrachtung von mehr als 30 Krankheitstagen jährlich innerhalb der letzten drei Jahre geht die höchstrichterliche Rechtsprechung von einem solchen hohen Krankenstand aus.
Darauf muss eine Negativprognose folgen. Hierbei muss sich abzeichnen, dass auch in Zukunft mit erheblichen Fehlzeiten des Arbeitnehmers zu rechnen ist.
Des Weiteren müssen die Fehlzeiten des Arbeitnehmers sich erheblich negativ für den Betrieb auswirken.
Letztlich wird eine Interessenabwägung unternommen. Hierbei wird abgewogen, in welchem Verhältnis die betrieblichen Beeinträchtigungen zum Weiterbeschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers stehen. Im Bereich der Interessenabwägung wird auch insbesondere die Gewichtung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) beachtet.
Das BEM stellt zwar keine formale Voraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung dar. Wird allerdings kein BEM durchgeführt, steigen die Chancen einer Unwirksamkeit der Kündigung. Der Arbeitgeber muss nämlich dann nachweisen, dass auch durch die Durchführung eines BEM kein milderes Mittel in Form einer Wiedereingliederung oder einer Umstrukturierung des Arbeitsplatzes ermöglicht hätte. (LAG Hamm Urteil vom 03.11.2023 Aktenzeichen 13 Sa 453/23 und ArbG Bochum Urteil vom 16.12.2022 Aktenzeichen 5 Ca 1032/22)
Auf das BEM kann ausnahmsweise auch dann verzichtet werden, wenn ersichtlich ist, dass der Arbeitnehmer der Durchführung nicht zugestimmt hätte. (LAG Berlin-Brandenburg (27.02.2019) Aktenzeichen 17 Sa 1605/18)
Abschließend lässt sich sagen, dass zwar in Ausnahmefällen die Kündigung auch ohne BEM wirksam sein kann, dass BEM im Regelfall jedoch unerlässlich ist. Für den Arbeitgeber heißt das lieber ein BEM durchführen, auch wenn dieses nicht zum Erfolg führt. Aus Arbeitnehmersicht bestehen gute Chancen, dass eine krankheitsbedingte Kündigung ohne BEM zu einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage führt.
Bickenbach, den 14.08.2024
Mitgeteilt von
Praktikantin Lina Bickelhaupt
Dingeldein • Rechtsanwälte
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