Der Wechsel des Geschlechts ist eine wichtige persönliche Entscheidung. Doch welche Folgen hat er eigentlich aus familienrechtlicher Sicht?
Damit hatte sich das OLG Schleswig erst im Juli dieses Jahres zu befassen: Zwei Frauen lebten zunächst in einer Lebenspartnerschaft zusammen. Eine der beiden wechselte dann das Geschlecht und wurde männlich. Sie heirateten und die Ehefrau bekam, ermöglicht durch eine Samenspende, ein Kind. Der Samenspender äußerte sich zur Vaterschaft des Kindes nicht, sodass diese von ihm auch nicht anerkannt wurde. Kann der Ehemann in diesem Fall als Vater in das Geburtenregister eingetragen werden?
Die Frage der Vaterschaft hat für die Betroffenen weitreichende Bedeutung. So hat sie unter anderem Einfluss auf das Sorgerecht, die gesetzliche Erbfolge und das Bestehen von Unterhaltspflichten. Gerade für die Kinder ist es vor diesem Hintergrund von Vorteil zwei Elternteile zu haben und die Klärung der Vaterschaft somit von größtem Interesse. Nach dem BGB ist der leibliche Vater nicht unbedingt mit dem rechtlichen Vater identisch. Bei verheirateten Paaren gilt grundsätzlich der Mann als Vater, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist.
In unserem Fall also gar kein Problem, oder?
Doch! Zumindest nach Ansicht des zuständigen Standesamts. Es verweigerte die Eintragung des Ehemannes als Vater. Die rechtliche Wirkung des Geschlechtswechsels und der Einfluss auf die Vaterschaft bedürfen also eines genaueren Blicks.
Schon seit 1981 gibt es das Transsexuellengesetz (TSG), nach dem der Wechsel des Geschlechts unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Rechtliche Folge ist, dass die betroffene Person als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist. Wechselt jemand also von weiblich nach männlich, sieht das Recht diese Person nach dem Wechsel als männlich an.
Das Standesamt wollte im obigen Fall annehmen, dass der Ehemann für den Zweck der Vaterschaftsermittlung nach dem Status zu beurteilen ist, der vor der Geschlechtsänderung bestand (§ 11 TSG). Dies hätte zur Folge gehabt, dass der Ehemann dem Kind gegenüber weiterhin als Frau zu behandeln und eine Vaterschaft somit ausgeschlossen wäre. Das Kind hätte nach dieser Ansicht also nur eine Mutter. Zwischen dem Ehemann und dem Kind bestünde gar kein Rechtsverhältnis.
Das OLG entschied dagegen, dass es für die Ermittlung der Vaterschaft in der vorliegenden Konstellation auf das Geschlecht nach der Änderung ankommt. Die Änderung war zum Zeitpunkt der Geburt bereits wirksam und es bestand zwischen dem Ehemann und dem Kind keine anderweitige Rechtsbeziehung, insbesondere stammte das Kind nicht leiblich von dem Ehemann ab. Der Ehemann muss sich daher gegenüber dem Kind gerade nicht gemäß seinem früheren Status behandeln lassen. Die Vaterschaft sei zudem auch aus verfassungsrechtlicher Sicht, insbesondere aufgrund des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung und des Rechts des Kindes auf Pflege und Erziehung durch beide Elternteile, nicht zu verwehren.
Die Geschlechtsänderung hindert die Eintragung als Vater grundsätzlich nicht. Der Transsexuelle muss sich im Verhältnis zu dem Kind nur dann nach dem Status vor der Geschlechtsänderung behandeln lassen, wenn bereits eine rechtliche Beziehung zwischen beiden besteht. Dies ergibt sich aus den allgemeinen Regeln zur Vater- bzw. Mutterschaft. Wird das Kind aber erst nach der wirksamen Geschlechtsänderung geboren, ist das neue Geschlecht für die Bestimmung des Verhältnisses zum Kind maßgeblich.
Bickenbach, den 24.07.2024
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WissMit Antonia Buschbeck
Dingeldein • Rechtsanwälte
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