Die Kündigung einer Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft berührt zwei besonders ausgeprägte Schutzbereiche des deutschen Arbeitsrechts – den Mutterschutz nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) und den Diskriminierungsschutz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.
Den Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz gemäß § 17 MuSchG genießen alle Arbeitnehmerinnen einschließlich der zu ihrer Ausbildung beschäftigten Frauen, vorausgesetzt es besteht ein wirksamer Arbeitsvertrag. Dabei setzt § 17 MuSchG nicht die Erfüllung der Wartezeit voraus.
Nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG besteht der Sonderkündigungsschutz ab Beginn der Schwangerschaft bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung. Kündigungen durch den Arbeitgeber sind in dieser Zeit unwirksam, sofern ihm die Schwangerschaft bekannt ist oder ihm diese während einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
Eine Ausnahme vom Kündigungsschutz besteht in Form der behördlichen Zustimmung zur Kündigung. Nach § 17 Abs. 2 MuSchG kann die zuständige Behörde ausnahmsweise auf Antrag des Arbeitgebers die Kündigung für zulässig erklären, wenn ein besonderer Fall vorliegt. Dieser liegt vor, wenn außergewöhnliche Umstände es rechtfertigen, die vom Gesetz als vorrangig angesehenen Interessen der Schwangeren hinter die des Arbeitgebers zurücktreten zu lassen (z.B. bei Diebstählen, Stilllegung des Betriebs oder beharrlichen wiederholten Verletzungen der arbeitsvertraglichen Pflichten).
Erst nach der ausgesprochenen Zulässigkeitserklärung der zuständigen Behörde kann wirksam die Kündigung ausgesprochen werden.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet in § 7 Abs. 1 AGG jede Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals – hierzu zählt auch das Geschlecht. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 AGG auch die ungünstigere Behandlung einer Frau wegen Ihrer Schwangerschaft eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts.
Kündigt der Arbeitgeber mithin einer schwangeren Arbeitnehmerin ohne die Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde, kann diese nicht nur unwirksam sein, sondern auch eine Diskriminierung nach den AGG darstellen.
Die Anspruchsgrundlage bildet dabei der § 15 Abs. 2 AGG. Die wichtigsten Voraussetzungen hierfür sind:
Die Arbeitnehmerin muss nach § 22 AGG lediglich Indizien darlegen, die eine Benachteiligung vermuten lassen (Beweiserleichterung). Gelingt dies, muss der Arbeitgeber beweisen, dass zwischen der Kündigung als benachteiligende Behandlung im Sinne des § 1 AGG und dem Merkmal „Schwangerschaft/Geschlecht“ kein Kausalzusammenhang gegeben ist, also die Vermutung widerlegt wird, das die Kündigung Ihre Ursache in der Schwangerschaft hat.
In der Praxis gelingt dies dem Arbeitgeber äußerst selten, da es ausreichend ist, dass die Schwangerschaft Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Kündigungsentscheidung beeinflusst hat.
Einer dieser seltenen Fälle wurde jedoch durch Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 16.08.2022 (Az: 5 Sa 6/22) entschieden.
Die Klägerin, eine angestellte Rechtsanwältin, verklagte Ihren Arbeitgeber auf Zahlung einer Entschädigung aufgrund der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung während bestehender Schwangerschaft. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht hatten die Entschädigungsforderung abgelehnt.
Hier konnte der Arbeitgeber die Vermutung widerlegen, dass die Kündigung aufgrund der Schwangerschaft erfolgte. Er legte überzeugend dar, dass die Kündigung ausschließlich aufgrund eines schwerwiegenden Fehlverhaltens der Arbeitnehmerin erfolgte. Eine Diskriminierung lag demnach nicht vor.
Ausgenommen einiger seltener Ausnahmen verstößt die Kündigung während einer Schwangerschaft in vielen Fällen also gleich doppelt gegen das Gesetz. Sie ist nach dem Mutterschutzgesetz grundsätzlich unzulässig und stellt zugleich eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des AGG dar.
Bickenbach, den 14.08.2025
Mitgeteilt von
RAin Lara Risberg
Dingeldein • Rechtsanwälte
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