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Entziehung der Fahrerlaubnis wegen anonymer Anzeige möglich

Wenn bei der Generation Ü80 die Kräfte schwinden und auch beim Autofahren sich Nachlässigkeiten einschleichen, die zu Blechschäden rund ums Auto führen, sorgen sich oft die Kinder um ihre Eltern und kommen wiederholt zum Schluss, am Besten der Führerscheinstelle anonym diese Tatsache mitzuteilen, um den Familienfrieden nicht zu gefährden. Die Führerscheinstelle prüft dann, ob die Oldies noch tauglich zur Teilnahme am Straßenverkehr sind und schreitet erforderlichenfalls ein, um die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Über einen eher kuriosen Fall einer anonymen Anzeige hatte das Verwaltungsgericht in Cottbus zu befinden.

Die zuständige Straßenverkehrsbehörde entzog dort dem Antragsteller die Fahrerlaubnis, nachdem sie von einem der Polizei anonym zugespielten Drogengutachten Kenntnis erlangt hatte. Das Drogengutachten war beim Antragsteller in einem familienrechtlichen Verfahren durchgeführt und damit Konsum von Kokain und Amphetamin nachgewiesen worden. Gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis wandte sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz und machte hinsichtlich des Gutachtens ein Beweisverwertungsverbot geltend. Außerdem habe er vor drei Monaten ein Entzugsprogramm durchgeführt und befinde sich in Behandlung, so dass ein weiterer Drogenkonsum nicht zu erwarten sei. Mit Beschluss vom 28.04.2022 lehnte das Verwaltungsgericht Cottbus (VG Cottbus, Az.: 7 L 82/22) den Eilantrag eines Antragstellers gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis ab.

Das Gericht hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich des Gutachtens nicht besteht. Es sei zu unterscheiden zwischen strafrechtlichen und gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis diene dem Schutz von Leben und Gesundheit unbeteiligter Verkehrsteilnehmer vor Gefahren, die von ungeeigneten Kraftfahrern ausgingen. Dieses Schutzinteresse überwiegt das Interesse des Antragstellers daran, dass das ihn betreffende Gutachten außerhalb des familienrechtlichen Verfahrens keine Folgen habe. Im Hinblick auf staatliche Schutzpflichten sei es nicht hinnehmbar, wenn die Fahrerlaubnisbehörde trotz Kenntnis von der Ungeeignetheit eines Fahrerlaubnisinhabers nicht einschreiten dürfte und die Gefahr in Kauf nehmen müsste.

Durch den Konsum harter Drogen (Kokain, Amphetamin) habe sich der Antragsteller auch zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet erwiesen, weshalb ihm nach § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) die Fahrerlaubnis zu entziehen gewesen sei. Dabei sei es zum jetzigen Zeitpunkt unerheblich, dass der Antragsteller an einer Drogenentzugstherapie teilgenommen habe und sich auch weiterhin in Behandlung befinde. Nach Nr. 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) sei eine Entwöhnung und Entgiftung erst nach einer einjährigen Abstinenzphase anzunehmen. Da eine einjährige Abstinenz noch nicht nachgewiesen sei, habe der Antragsteller seine Fahreignung noch nicht wiedererlangt.



Bickenbach, den 19.05.2022

Mitgeteilt von
RA Stefan Krump
Dingeldein • Rechtsanwälte

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