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Der Linksabbieger haftet!

Der Albtraum des Motorradfahrers, der durch den Odenwald cruist. Er überholt gerade einen langsamen Traktor, als der plötzlich nach links in einen Feldweg abbiegt. Es kommt zum crash, oft dann mit hohem Sach- und Personenschaden.


Wer ist schuld?

Die Polizei macht typischerweise beiden Beteiligten den (Mit-)Verursachungsvorwurf, dem Motorradfahrer wegen Überholens bei unklarer Verkehrslage, dem Traktorfahrer wegen Verstoß gegen die Pflicht zur doppelten Rückschau.


Also besser gefragt: Wer haftet?

Das LG Hamburg hat aktuell durch Urteil vom 24.03.2022 – 331 O 340/20 – entschieden, dass bei einer Kollision zwischen einem links in ein Grundstück abbiegenden Fahrzeug und einem aus dem rückwärtigen gleichgerichteten Verkehr über die Gegenfahrspur Überholenden der Abbiegende in der Regel alleine haftet!

Dies gilt besonders dann, wenn dieser, hätte er seiner doppelten Rückschaupflicht aus § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO genügt, das von hinten herannahende Fahrzeug hätte erkennen und vom Abbiegevorhaben Abstand nehmen müssen.

Eine unklare Verkehrslage gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO zum Nachteil des Überholenden ist nicht bereits dann gegeben, wenn das vorrausfahrende Fahrzeug langsamer wird. Hieraus ergibt sich bei der erforderlichen objektiven Betrachtung noch nicht der Schluss, der Vorausfahrende werde alsbald, ohne dies vorher ordnungsgemäß und rechtzeitig anzuzeigen, ohne Rücksicht auf den nachfolgenden Verkehr nach links abbiegen.



Bickenbach, den 27.05.2022

Mitgeteilt von
RA Stefan Krump
Dingeldein • Rechtsanwälte

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