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Bloße Gefährdung einzelner Fußgänger rechtfertigt Fahrverbot

Darf ein Fahrverbot auch dann verhängt werden, wenn es keine ernsthaften Verletzungen gab? Ja; wenn es nach dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) geht. Auch eine Gefährdung eines Fußgängers kann ein Fahrverbot nach sich ziehen, so das Gericht.


Der Sachverhalt

Grund der Entscheidung war ein Verkehrsunfall, der sich in 2023 ereignete. Die betroffene Autofahrerin wollte an einer Kreuzung abbiegen, übersah dabei jedoch einen Fußgänger, der gerade dabei war, die Straße zu überqueren. Es kam zur Kollision. Der Passant kam mit ein paar blauen Flecken davon.


Das erstinstanzliche Verfahren

Die Bußgeldstelle verhängte daraufhin ein Bußgeld und ein einmonatiges Fahrverbot. Der dagegen gerichtete Einspruch der Fahrerin vor dem Amtsgericht (AG) Bayreuth hatte Erfolg. Ein Bußgeld sei wegen des Fehlverhaltens der Autofahrerin durchaus gerechtfertigt. Dass die Unfallverursacherin aber auch ihren Führerschein abgeben soll, hielt das Eingangsgericht für übertrieben, da der Fußgänger nicht schwer verletzt wurde und das Verhalten der Autofahrerin nach der Tat vorbildlich war (sie hatte sich um den Verletzten gekümmert und sogar gegen dessen Willen darauf bestanden, die Polizei und einen Krankenwagen zu rufen). Die bloße Gefährdung von einem Fußgänger - so das AG - rechtfertige jedenfalls kein Fahrverbot.


Das zweitinstanzliche Verfahren

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen das erstinstanzliche Urteil Rechtsbeschwerde eingelegt, sodass der Fall zum BayObLG kam. Das Obergericht bestätigtet das von der Bußgeldstelle verhängte Fahrverbot. Zur Begründung führte das Gericht in einem am 08.04.2024 veröffentlichten Urteil an, dass jede grobe Pflichtverletzung im Straßenverkehr zunächst einmal ein Fahrverbot nach sich ziehe und nur in besonderen Ausnahmefällen der Führerschein behalten werden darf:

“Aufgrund der auch von den Gerichten zu beachtenden Vorbewertung des Verordnungsgebers (...) ist das Vorliegen einer groben Pflichtverletzung i.S.d. § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG indiziert, sodass es regelmäßig der Anordnung eines Fahrverbots als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme bedarf.”


gerichtlich anerkannte Ausnahmefälle

Wie aber sehen die von dem Gericht angesprochenen Ausnahmefälle aus? Reicht tatsächlich immer die bloße Gefährdung von einem Fußgänger für ein Fahrverbot aus? Auch dazu äußerten sich die Richter: Nur ein “unübersichtliches, besonders schwieriges, überraschendes oder gar verwirrendes Verkehrsgeschehen” könnte die Autofahrerin entlasten. Das lag nach den Feststellungen des Gerichts aber nicht vor.

Auch die nur leichten Verletzungen des Opfers und das vorbildliche Nachtatverhalten der Unfallverursacherin reichen nicht aus, um eine Sonderkonstellation annehmen zu können. Das Fahrverbot bleibt somit trotz glimpflichen Unfallausgangs bestehen.



Bickenbach, den 27.05.2024

Mitgeteilt von
RA Stefan Krump
Dingeldein • Rechtsanwälte

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