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Berührungsloser Unfall

Voraussetzung für die Zurechnung des Betriebs eines KFZ bei einem berührungslosen Unfall i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG ist, dass das Fahrzeug über seine bloße Anwesenheit an der Unfallstelle hinaus durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung an der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat.

Der Sturz eines Fahrgastes in einem Linienbus infolge einer außergewöhnlich starken Bremsung des Busfahrers erfolgt z.B. beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs.


Der Fall

Auch der Sturz einer älteren Radfahrerin wegen eines mit Martinshorn vorbeifahrenden Rettungswagens erfolgt bei dessen Betrieb, so in einem aktuell vom OLG Oldenburg (Urteil vom 17.05.2022, Az.: 2 U 20/22) entschiedenen, mittlerweile rechtskräftigen Fall:

Es gab bei der Vorbeifahrt nur wenig Platz. Die 72-jährige Klägerin wollte in dieser Situation vorsichtshalber absteigen, kam dabei zu Fall und brach sich den Fußknöchel. Zu einer Kollision war es aber nicht gekommen.


Die gerichtlichen Entscheidungen

Das LG Aurich hatte eine Haftung des Rettungsdienstes abgelehnt. Mit ihrer Berufung hatte die Klägerin vor dem Oberlandesgericht Oldenburg Erfolg. Der Senat entschied, dass sich bei dem Vorfall die sogenannte "Betriebsgefahr" des Rettungswagens, also die typischerweise einem Kraftfahrzeug beim Betrieb innewohnende Gefahr, verwirklicht habe, auch wenn es nicht zu einer Kollision gekommen sei: Denn der Rettungswagen habe dennoch zu dem Unfall beigetragen, indem er das Ausweichmanöver und das Absteigen der Klägerin veranlasst habe. Die Klägerin habe die Verkehrslage zu Recht als gefährlich empfunden und sei deswegen abgestiegen. Der Senat hat die Betriebsgefahr mit 20% Haftungsquote bewertet und der Radfahrerin ein quotales Schmerzensgeld zugesprochen.



Bickenbach, den 04.10.2022

Mitgeteilt von
RA Stefan Krump
Dingeldein • Rechtsanwälte

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