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Automatische Entfristung durch Entgeltfortzahlung?

Die Befristung von Arbeitsverhältnissen verschafft Unternehmen Flexibilität und insbesondere jungen Arbeitnehmern die Möglichkeit Berufserfahrung zu sammeln. Allerdings gehen mit einer solchen Befristung auch Unsicherheiten einher. Umso wichtiger ist es, mögliche Fragestellungen, insbesondere rund um das Ende des Arbeitsverhältnisses, frühzeitig zu erörtern.

Deshalb beschäftigen wir uns in diesem Artikel mit der Frage, ob eine automatische Entfristung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommt, wenn der Arbeitgeber bei Erkrankung des Arbeitnehmers über den Beendigungszeitpunkt hinaus das Entgelt nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EfzG) fortzahlt.


Was bedeutet Entfristung?

Mit dem Begriff der Entfristung ist der Vorgang gemeint, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt wird. Die Befristung kann dabei sowohl kalendermäßig bestimmt als auch von der Erreichung eines bestimmten Zwecks abhängig gemacht werden.


Wann und wieso ist eine solche Entfristung überhaupt vorgesehen?

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) enthält u.a. die Regelungen zur Befristung von Arbeitsverträgen und klärt z.B. unter welchen Voraussetzungen eine Befristung möglich und was dabei zu beachten ist. Ein eigentlich befristetes Arbeitsverhältnis wird nach § 15 VI TzBfG in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt, wenn das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt wird und der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder die Zweckerreichung mitteilt. Es entsteht also ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des vorherigen befristeten Arbeitsverhältnisses.

Damit sollen Rechtsunklarheiten hinsichtlich des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses vermieden werden. Wenn die Parteien keine Vereinbarung hinsichtlich der Verlängerung treffen, fingiert das Gesetzt auf der Grundlage des Verhaltens der Vertragsparteien also die Einigung über eine entsprechende Verlängerung. Dabei wird die Annahme zugrunde gelegt, dass in der Regel von einem stillschweigenden Willen der Parteien zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses auszugehen ist, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung mit dem Wissen des Arbeitgebers fortsetzt.


Erfolgt eine Entfristung auch bei Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber über die Befristung hinaus?

Erkrankt der Arbeitnehmer nach Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages und vor dem Ablauf der Befristung, entsteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf die Entgeltfortzahlung nach dem EfzG. Dieser Anspruch erlischt mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Mit Ablauf der Befristung ist der Arbeitgeber also nicht mehr verpflichtet die Entgeltfortzahlung zu leisten. Zahlt der Arbeitgeber allerdings die Leistung nach dem EfzG über den Ablauf der Befristung hinaus, könnte darin eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach § 15 VI TzBfG gesehen werden, die zur Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis führt.

Dies ist allerdings umstritten. Die herrschende Meinung, insbesondere auch das Bundesarbeitsgericht verneint eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch ein entsprechendes Verhalten des Arbeitgebers.

Um die Begründung des Gerichts zu verstehen, ist ein Vergleich mit der Vorschrift des § 625 BGB erforderlich. Vor der Einführung des § 15 VI TzBfG galt dieser auch für befristete Arbeitsverträge. Im Rahmen des § 625 BGB kommt es allein auf die tatsächliche Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung durch den Arbeitnehmer an, da das Gesetz von der Fortsetzung des Dienstverhältnisses durch den Verpflichteten spricht. Die Vornahme von Handlungen durch den Arbeitgeber, z.B. die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder die Gewährung von Urlaub lösen die Entfristung somit gerade nicht aus. Der Gesetzgeber hat die gesetzliche Fiktion auf den Fall der Fortsetzung der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer beschränkt. Andere Verhaltensweisen, insbesondere solche des Arbeitgebers erhalten hingegen keinen Erklärungswert.

Aufgrund des von § 625 BGB abweichenden Wortlauts des § 15 VI TzBfG wird nun teilweise die Ansicht vertreten, dass es gerade nicht mehr allein auf die Fortsetzung der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer ankommen soll, sondern auch schlüssige Verhaltensweisen des Arbeitgebers in Betracht kommen. Dem hält das Bundesarbeitsgericht entgegen, dass die Gesetzesbegründung für das TzBfG ausdrücklich erklärt, die Entfristung bleibe im Einklang mit § 625 BGB auf den Fall der Fortsetzung durch den Arbeitnehmer beschränkt. Eine Übertragbarkeit der Rechtsfolge auch auf andere Verhaltensweisen ist somit auch im Rahmen des § 15 VI TzBfG ausgeschlossen.


Was folgt daraus für den Arbeitnehmer?

Auch wenn in der Literatur durchaus entgegenstehende Ansichten vertreten werden, verneint die herrschende Meinung, allen voran das Bundesarbeitsgericht, die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit, wenn diese nicht auf der tatsächlichen Erbringung der Leistung durch den Arbeitnehmer beruht.

Sollte ein Arbeitnehmer also auch nach Ablauf der Befristung entsprechende Zahlungen von seinem Arbeitgeber erhalten, sind diese regelmäßig über die Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung zurück zu zahlen. Mit dem Ende des Arbeitsvertrages springt gegebenenfalls direkt der neue Arbeitgeber mit der Entgeltfortzahlung oder die Krankenkasse mit der Zahlung des Krankengeldes ein.



Bickenbach, den 29.10.2025

Mitgeteilt von
WissMit Antonia Buschbeck
Dingeldein • Rechtsanwälte

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