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Darf ich ukrainische Flüchtlinge ohne Zustimmung des Vermieters in meiner Mietwohnung aufnehmen und welche Kosten bekomme ich erstattet?

Der Angriffskrieg auf die Ukraine durch Präsident Putin hat die Welt erschüttert. Gleichzeitig wachsen die Anteilnahme und Unterstützungsbereitschaft für die ukrainische Bevölkerung stetig an, auch in Deutschland. Viele Menschen sind bereit, die Geflüchteten aus der Ukraine bei sich aufzunehmen und so möglichst vielen Ukrainern eine sichere Unterkunft zu bieten. Hierbei stellen sich einige juristische Fragen:


Welche Personen darf ich in meiner Mietwohnung aufnehmen und wie lange dürfen diese bleiben?

Mieter haben grundsätzlich das Recht, Personen in ihrer Mietwohnung aufzunehmen. Diesbezüglich ist zwischen einer Untervermietung und Besuch zu unterscheiden. Bei einem Besuch werden Menschen für eine kurze Verweildauer von höchstens sechs bis acht Wochen aufgenommen, wohingegen bei einer Untervermietung eine entgeltliche Überlassung des Wohnraumes für einen längeren Aufnahmezeitraum besteht. Von dieser Unterscheidung wird die Informationspflicht gegenüber dem Vermieter bzw. eine etwaige Erlaubnis des Vermieters abhängig gemacht. Grundsätzlich gilt daher: Solange ein Besuch nicht länger als acht Wochen in der Mietwohnung zum Wohnen verweilt, muss er Mieter hierüber den Vermieter nicht informieren.


Wann muss ich meinen Vermieter über die Aufnahme informieren und benötige ich dessen Erlaubnis?

Bei der Aufnahme von Besuch muss der Vermieter grundsätzlich nicht informiert werden, denn jeder Mieter hat das Recht, Besuch zu empfangen. Daher ist auch keine Erlaubnis notwendig. Wird jedoch eine Untervermietung angestrebt, so muss der Mieter dies dem Vermieter melden. Zudem ist die Untervermietung von der Erlaubnis des Vermieters abhängig. Auf deren Erteilung hat der Mieter bei einer Wohnraummiete jedoch nach § 553 Absatz 1 Satz 1 BGB einen Anspruch. Dafür muss nach Abschluss des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse an der sogenannten Gebrauchsüberlassung entstanden sein. Darunter fällt jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht. Der Mieter muss diesbezüglich plausible und wahrheitsgemäße Angaben zum berechtigten Interesse darlegen. Im Einzelfall können Abweichungen hiervon vertraglich geregelt sein, die dann auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen sind.

Werden allerdings Angehörige aufgenommen, ist keine Erlaubnis notwendig, da die Aufnahme in den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache fällt. Zur Absicherung des Mieters sollte die Aufnahme jedoch dem Vermieter angezeigt werden. Unter den Begriff der Angehörigen fallen die Ehegatten, Lebenspartner nach dem LPartG und Kinder, einschließlich der Stiefkinder. Teilweise wurden auch Enkelkinder und Eltern als umfasst angesehen. Nicht in den Personenkreis der Angehörigen fallen Geschwister des Mieters, sodass hier eine Genehmigungspflicht besteht.


Kann mein Vermieter mir die Erlaubnis verweigern?

Der Vermieter hat grundsätzlich die Erlaubnis bei Vorliegen des § 553 Absatz 1 Satz 1 BGB zu erteilen. Er kann sie jedoch nach § 553 Absatz 1 Satz 2 BGB verweigern, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann. Diese Unzumutbarkeit für den Vermieter muss hinsichtlich des konkreten Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung beurteilt werden. Unter etwaige Gründe die in der Person des Dritten liegen, fällt die Vermutung, dass dieser den Hausfrieden stören oder Sachbeschädigungen am Mietobjekt vornehmen wird. Um dies festzustellen, ist auf das bisherige Verhalten des Dritten im Rahmen anderer Mietverhältnisse abzustellen. Die Solvenz des Dritten spielt dabei keine Rolle, bekannte Straftaten stellen aber einen Ablehnungsgrund dar.

Für die Überbelegung der Mietwohnung ist das Verhältnis der Personenzahl zur Gesamtfläche der Wohnung unter Berücksichtigung der Raumaufteilung heranzuziehen. So muss jeder Person eine angemessene Wohnfläche zur Verfügung stehen. Diese wird bei zehn bis zwölf Quadratmetern angesiedelt.

Sonstige Gründe sind etwa die Veränderung des Verwendungszwecks der Mietwohnung durch den Dritten, wenn sie die Entschließungsfreiheit des Vermieters über den sachlichen und personellen Umfang des Gebrauchs hinaus berühren.


Besonderheiten bei der Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen

Bei der Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen bestehen neben den allgemeinen Regelungen noch einige Besonderheiten. Insbesondere ist zunächst der Aufenthaltstitel entscheidend. Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit, oder Menschen mit Drittstaatsangehörigkeiten, die aus der Ukraine geflüchtet sind, dürfen sich bis zum 23.05.2022 ohne Weiteres in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und sich innerhalb Deutschlands frei bewegen. Danach erst ist eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG erforderlich.


Welche Kosten bekomme ich bei der Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen ersetzt?

Bei der Aufnahme von Flüchtlingen mit Aufenthaltstitel können die Kosten für die Wohnung durch die lokalen Behörden übernommen werden. Dies würde bei Aufnahme von Flüchtlingen aus einer Sammelunterkunft zu verneinen sein, da diese auf den dortigen Platz verwiesen werden. Ein Anspruch auf Wohnungsunterbringung bestehe nämlich nicht. Sofern die Behörde nicht auf die Unterbringung der Flüchtlinge in einer staatlich finanzierten Sammelunterkunft besteht, zahlen einige Kommunen dennoch bestimmte Sätze für Unterkunft und Heizkosten. Dabei bestehen Vorgaben der Behörde, hinsichtlich der Größe der Wohnung pro Person und der Höhe der dafür anfallenden Kosten. Zudem werden teilweise die Kosten der aufgenommenen Person im Rahmen ihrer nach AsylbLG erhaltenen Sozialleistungen übernommen.


Zusätzliche Leistungen

Interessant ist für Mieter auch die Frage, wer bei entstehenden Schäden an der Mietwohnung, die durch die Flüchtlinge entstanden sind, haftet. Dies ist grundsätzlich der Mieter. Allerdings bieten einige Versicherungen allen geflüchteten Menschen aus der Ukraine, die eine Unterkunft über #Unterkunft Ukraine gefunden haben, automatisch eine kostenlose Haftpflichtversicherung für die Dauer des Aufenthalts in der Unterkunft bzw. bis zu einem Jahr an. Damit können entstandene Kosten durch den Mieter von der Versicherung unter bestimmten Voraussetzungen zurückverlangt werden.


Fazit

Mieter sind berechtigt, Flüchtlinge aus der Ukraine in ihrer Mietwohnung aufzunehmen. Allerdings muss bei einer Aufnahme von länger als sechs bis acht Wochen die Erlaubnis des Vermieters eingeholt werden. Auf diese besteht jedoch grundsätzlich ein Anspruch des Mieters. Zudem kann der Mieter bei Flüchtlingen mit Aufenthaltstitel, die nicht in einer Sammelunterkunft untergebracht werden können, durch die zuständigen Behörden einen Ersatz seiner verlangen.



Bickenbach, den 04.04.2022

Mitgeteilt von
Praktikantin Sabrina Jung
Dingeldein • Rechtsanwälte

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