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Lohnt sich eine Abfindung, wenn mein Arbeitgeber kein Geld mehr hat?

Möchte ein Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis beenden und kann den Arbeitnehmer wegen dem Kündigungsschutzgesetz nicht ordnungsgemäß kündigen, bietet er seinem Arbeitnehmer regelmäßig die Zahlung einer Abfindung an. Im Ausgleich gegen diese Zahlung einigt man sich einvernehmlich auf die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses.

Oft will der Arbeitgeber deswegen Arbeitsverhältnisse beenden, weil das Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Aber besteht dann nicht auch das Risiko die Abfindung nicht zu bekommen, wenn der Arbeitgeber in die Zahlungsunfähigkeit kommt? Und lohnt es sich dann, sich wegen der Abfindung auf einen Aufhebungsvertrag einzulassen? Oder stehe ich besser da, wenn ich mich weigere einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen?


Abfindungen bei einer Insolvenz

Abfindungen sind nicht insolvenzfest. Das bedeutet, dass im Falle einer Insolvenz Abfindungen genau so behandelt werden, wie andere Forderungen gegen das Unternehmen auch. Die Forderungen müssen zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Der Insolvenzverwalter verwertet das übrige Vermögen des Unternehmens und verteilt es auf die Gläubiger. Entsprechend erhält jeder Gläubiger einen Anteil seiner Forderung bezahlt, aber regelmäßig nicht die gesamte Forderung.


Arbeitsentgelt bei einer Insolvenz

Auch das Arbeitsentgelt ist nicht insolvenzfest. Natürlich kann der Arbeitgeber im Falle einer Insolvenz nicht nur eine Abfindung, sondern auch die Gehälter der laufenden Arbeitsverträge nicht bezahlen. Auch wenn Entgeltansprüche an anderen Stellen rechtlich besonders geschützt werden, ist das bei den Vorschriften zur Insolvenz nicht der Fall. Somit besteht bei einer drohenden Insolvenz auch beim Verbleib im Unternehmen ein finanzielles Risiko.


Insolvenzgeld nach § 165 SGB III

Für die letzten drei Monate vor der Insolvenz zahlt die Agentur für Arbeit gem. § 165 SGB III Insolvenzgeld, wenn für diese drei Monate vom Arbeitgeber kein Entgelt bezahlt wurde. Das Insolvenzgeld entspricht der Höhe nach grundsätzlich dem Arbeitsentgelt. Abfindungen, die nicht ausbezahlt wurden sind ausdrücklich kein Fall, für den Insolvenzgeld gezahlt wird.


Sicherung der Abfindung

Ist eine Zahlungsunfähigkeit des Arbeitsgebers absehbar, kann es sinnvoll sein sich abzusichern, dass die Abfindung auch bezahlt wird. Dies kann regelmäßig beispielsweise durch eine Bankbürgschaft, eine persönliche Bürgschaft des Gesellschafters oder durch eine Hypothek auf ein Grundstück des Unternehmens erfolgen.


Fazit

Eine Insolvenz des ehemaligen Arbeitgebers wird regelmäßig dazu führen, dass von der Abfindung nur ein Teil ausbezahlt wird. Dennoch kann man davon ausgehen, dass es zumindest zu dieser Teilzahlung kommt. Bleibt man im Unternehmen, erhält man zwar sein Monatsgehalt für die drei Monate vor der Insolvenz sicher, hat dann aber ein hohes Risiko seinen Arbeitsplatz ganz ohne weitere Abfindungszahlung zu verlieren. Die Abfindung erhält man regelmäßig vollständig zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Vor der Beendigung ist man noch gegen Arbeitsentgelt angestellt. Für diesen Zeitraum profitiert man auch vom Insolvenzgeld.

Das Risiko die Abfindung (teilweise) zu verlieren besteht. Aber man würde ohne den Aufhebungsvertrag bei einer Insolvenz des Arbeitgebers nur selten besser stehen. Wegen einem Insolvenzrisiko sollte man also nicht auf einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung verzichten. Es kann aber Sinn machen vom Arbeitgeber eine Sicherheit für die Abfindung zu verlangen.



Bickenbach, den 06.08.2024

Mitgeteilt von
Rechtsreferendar Clemens Ernst
Dingeldein • Rechtsanwälte

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