Für viele kommt es unverhofft und ohne jedwede Vorwarnungen: Wenn ein naher Angehöriger akut erkrankt und pflegebedürftig wird, stellen sich viele Arbeitnehmer die Frage, wie sie sich um die Pflege kümmern können, ohne ihren Arbeitsplatz akut zu gefährden.
Beim Eintritt einer akuten Pflegebedürftigkeit naher Angehöriger haben Arbeitnehmer ein Recht auf eine kurzfristige Freistellung. Aus § 2 Pflegezeitgesetz (PflegeZG) ergibt sich ein rechtlicher Anspruch, sich in einer solchen Situation kurzzeitig, bis zu zehn Tage lang, von der Arbeit freistellen zu lassen.
Die Freistellung soll es den Angehörigen vor allem ermöglichen, Gespräche mit Ärzten zu führen, Hilfsmittel zu beschaffen, notwendige Anträge bei den Behörden zu stellen und eine häusliche Pflege oder einen Platz im Pflegeheim zu organisieren.
Die Pflege-Freistellung dient somit nur der Planung und Orientierung im Akutfall und nicht der dauerhaften Pflege.
Der Anspruch auf Freistellung steht dabei grundsätzlich jedem Arbeitnehmer zu – auch Auszubildenden-, unabhängig von der jeweiligen Betriebsgröße. Er besteht allerdings nur, sofern es sich um „nahe Angehörige“ handelt. Welche Personen darunter gefallen, ergibt sich aus § 7 Absatz 3 PflegeZG . Dazu zählen z.B. Großeltern, Eltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner und Kinder. Darüber hinaus muss bereits feststehen oder davon auszugehen sein, dass dem betroffenen Angehörigen ein Pflegegrad bescheinigt wird (§ 7 Abs. 4 PflegeZG).
Der Arbeitnehmer ist dabei verpflichtet, dem Arbeitgeber die Verhinderung an der Arbeitsleistung und deren voraussichtliche Dauer frühzeitig mitzuteilen. Dem Arbeitgeber ist auf Verlangen eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen vorzulegen.
§ 2 PflegeZG regelt zwar den grundsätzlichen Anspruch auf eine kurzfriste Freistellung, nicht aber den Anspruch auf die Fortzahlung der Vergütung. Dieser Anspruch kann sich allerdings aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag ergeben.
Des Weiteren könnte sich ein solcher Anspruch aus § 616 BGB herleiten lassen, der den Anspruch auf Vergütung bei vorübergehender Verhinderung ohne Verschulden regelt. Problematisch dabei ist allerdings die Auslegung, wie lang eine „verhältnismäßig nicht erhebliche“ Zeitspanne ist. Eine Freistellung von zehn Tagen könnte diese Verhältnismäßigkeit sprengen.
Ohne vertragliche Vereinbarung ist man im Zweifel auf Kulanz des Arbeitgebers angewiesen.
Im Rahmen der Pflege von Angehörigen gibt es noch weitere Möglichkeiten berufliche Auszeiten zu nehmen. Diese unterscheiden sich vor allem in der Dauer.
Bei der Pflegezeit können sich Arbeitnehmer für häusliche Pflege von nahen Angehörigen bis zu insgesamt 6 Monaten freistellen lassen. Die Freistellung kann dabei vollständig oder in Teilzeit erfolgen.
In der Familienpflegezeit haben die Arbeitnehmer die Möglichkeit, über einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten ihrer regulären Arbeitszeit auf eine wöchentliche Mindestarbeitszeit von 15 Stunden zu reduzieren.
Außerdem gibt es die Möglichkeit der Begleitung in der letzten Lebensphase. Dabei haben die Angehörigen von Pflegebedürftigen die Möglichkeit, sich vollständig oder teilweise für maximal 3 Monate von der Arbeit freistellen zu lassen.
Bickenbach, den 02.06.2020
Mitgeteilt von
Rechtsanwältin Lisa Schuhmacher
Dingeldein • Rechtsanwälte
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.