Versicherer nehmen in ihre AGB zu Hausratsversicherungen oftmals die sogenannte erweiterte Schlüsselklausel auf. Diese besagt, dass ein Einbruchsdiebstahl auch dann vorliegt, wenn der Täter mittels regulärer Schlüssel, die er ohne fahrlässiges Verhalten des Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hat, in einen Raum des Gebäudes eindringt. Es entsteht also kein Versicherungsfall, wenn der Versicherte fahrlässig handelt. Der BGH bekräftigte mit seinem Urteil vom 05.07.2023 nun die Gültigkeit einer solchen erweiterten Schlüsselklausel.
Nach den Behauptungen des Klägers sei ihm von unbekannten Tätern eine Aktentasche aus seinem Firmenfahrzeug entwendet worden. In der Aktentasche befanden sich Rechnungen, die seine Wohnanschrift zeigten sowie seine Wohnungsschlüssel und ein Tresorschlüssel. Laut Aussage des Klägers müssen die Täter kurz darauf mithilfe der Schlüssel in sein Haus eingedrungen sein, den dortigen Tresor geöffnet und diverse Wertgegenstände und Bargeld im Wert von knapp 65.000 Euro entwendet haben. Der Kläger forderte nun von der Versicherung Wertersatz abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung.
Die Versicherung bestritt den Einbruchsdiebstahl. Außerdem brachte sie vor, dass sie von der Leistungspflicht ohnehin befreit sei, da sich der Kläger grob fahrlässig verhalten habe und die nach dem Versicherungsvertrag bestehenden Obliegenheiten verletzt habe.
Der Kläger scheiterte mit seiner Klage in allen Instanzen. Mit seinem Urteil vom 05.07.2023 bestätigte der BGH das klageabweisende Urteil der Vorinstanz. Die erweiterte Schlüsselklausel unterliege nicht der Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und sei außerdem hinreichend transparent. Das fahrlässige Verhalten des Klägers habe die Versicherungspflicht entfallen lassen. Somit bliebe der Kläger auf seinem Schaden sitzen.
Es war lange Zeit juristisch umstritten, ob eine erweiterte Schlüsselklausel in den AGB gültig ist. Sie wurde von einigen als eine nach § 307 BGB unzulässige Abweichung vom Verschuldens- und Beweismaßstab des § 81 VVG angesehen. Der BGH stellt nun aber klar, dass der Inhaltskontrolle nach dieser Vorschrift lediglich Klauseln unterliegen, die das Hauptleistungsversprechen in Abweichung von der gesetzlichen Regelung modifizieren bzw. beschränken. Klauseln, welche als primäre Leistungsbeschreibung die Art, den Umfang und die Güte der geschuldeten Leistung festlegen, würden nicht der Inhaltskontrolle unterliegen. Dies unterliege der Privatautonomie und könne auch in den AGB geregelt werden.
Als primäre Leistungsbeschreibung unterliege die erweiterte Schlüsselklausel nach Auffassung des BGH jedoch dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Da es dem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer verständlich sei, was unter fahrlässigem Verhalten zu verstehen sei, sei die erweiterte Schlüsselklausel nach Auffassung des BGH ausreichend transparent.
Der BGH folgte weiterhin der Bewertung des Berufungsgerichts, eine in einem Fahrzeug befindliche, von außen sichtbare Aktentasche berge die erhebliche Gefahr der Entwendung durch einen Täter. Somit sei das Verhalten des Klägers als fahrlässig anzusehen.
Es ist Vorsicht bei der Unterzeichnung eines Vertrages mit der Hausratsversicherung geboten - ein Blick darauf, ob hier die sogenannte Schlüsselklausel enthalten ist, lohnt sich. Denn solange sie vom höchsten Gericht als wirksam erachtet wird, dient sie der Versicherung als Hintertür zur Verweigerung von Leistungen.
Bickenbach, den 29.08.2023
Mitgeteilt von
Praktikant Alexander Ziegelmayer
Dingeldein • Rechtsanwälte
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