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Bindungswirkung wechselbezüglicher Verfügungen im Berliner Testament

Wenn es um die Bestimmung einer Erbfolge geht, hört man oft vom Begriff des "Berliner Testaments". Was das sog. Berliner Testament mit einer wechselseitigen Verfügung zu tun hat und welche Auswirkungen eine wechselbezügliche Verfügung hat, ist jedoch den wenigsten geläufig.


Berliner Testament

Möchten Ehepartner ein gemeinschaftliches Testament errichten, geschieht dies häufig in Form eines Berliner Testaments. Es handelt sich dabei um eine besondere Variante des gemeinschaftlichen Testaments unter Einbeziehung eines Dritten, meist der eigenen Kinder. Inhaltlich setzen sich dabei die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmen, dass nach dem Tod des länger lebenden Partners der gemeinsame Nachlass dem Dritten als Schlusserben zufallen soll.

Das Gesetz geht in diesem Fall grundsätzlich von einer wechselbezüglichen Verfügung aus, § 2270 Absatz 2 BGB.


Wechselbezüglichkeit der Verfügungen

Eine wechselseitige Verfügung liegt zusammengefasst vor, wenn die jeweilige Verfügung des Ehepartners unter Berücksichtigung der Verfügung des anderen getroffen ist und mit ihr stehen und fallen soll. Möglich ist jedoch nur bei Erbeinsetzungen, Vermächtnissen und Auflagen. Damit einher geht eine Bindungswirkung, welche es dem einzelnen Ehegatten verbietet, einseitig abweichende Verfügungen zu treffen, sofern dies die Wirkung der getroffenen Verfügung beeinträchtigt.


Bestand der Wechselbezüglichkeit

Welche Konsequenzen daraus entstehen können, wird vor allem bei der Betrachtung der gesetzlichen Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch klar. Abgesehen von dem Fall des § 2268 BGB, wonach die Wechselbezüglichkeit mit Auflösung der Ehe wegfallen kann, besteht zu Lebzeiten der Ehepartner nur die Möglichkeit, die Bindungswirkung beider Verfügungen durch Nichtigkeit oder Widerruf einer der Verfügungen zu beseitigen, §§ 2270 f. BGB.

Mit dem Tod des Erstverstorbenen erlischt gleichzeitig das Widerrufsrecht des überlebenden Ehegatten. Das bedeutet, der überlebende Ehegatte ist in aller Regel an das gemeinschaftliche Testament gebunden. Ein Loslösen von der Bindungswirkung ist dann lediglich noch unter erschwerten Bedingungen wie etwa durch eine Erbausschlagung des Überlebenden oder einer Anfechtung in bestimmten Fällen möglich.


Im Zweifel für die Wechselbezüglichkeit

Wie bereits Eingangs erwähnt, geht das Gesetz mit § 2270 Absatz 2 BGB bei einem Berliner Testament regelmäßig von einer wechselbezüglichen Verfügung aus. Um so wichtiger ist daher eine so eindeutig wie mögliche Formulierung des gemeinschaftlichen Testaments um spätere Unsicherheiten und Streitigkeiten zu vermeiden. Gerade im Hinblick der Auslegungsbedürftigkeit eines Testaments sollte der einzusetzenden Schlusserben klar benannten werden. Das OLG Düsseldorf (3 Wx 6/18) sieht dabei die entscheidungserhebliche Formulierung „unsere Kinder“ als auslegungsbedürftig an, sofern es gemeinsame Kinder der Eheleute als auch Kinder aus vorheriger Ehe gibt.


Fazit

Die elementaren Folgen einer wechselbezüglichen Verfügung und deren Bindungswirkung sprechen für die Vorteile einer rechtlichen Beratung bereits bei der Erstellung einer letztwilligen Verfügung. Zum einen ist der Wille der jeweiligen Erblasser bei der Errichtung der letztwilligen Verfügung genau zu hinterfragen und das Testament daran anzupassen. Zum anderen ist die Verwendung eindeutiger Formulierungen von enormer Bedeutung, damit der Nachlass letztlich reibungslos an den bedachten Erben fällt.



Bickenbach, den 2021

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Ref. Thorben Link
Dingeldein • Rechtsanwälte

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