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Sonderkündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern nach § 15 KschG

Die Organe des Betriebsrats genießen aufgrund ihrer besonderen Stellung im Betrieb/Unternehmen einen besonderen Kündigungsschutz. Eine ordentliche Kündigung der Betriebsratsmitglieder ist gemäß § 15 Absatz 1 KSchG während ihrer Amtszeit und innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Amtszeit unzulässig. Hiervon bestehen Ausnahmen, aber dazu später.


Funktion des Sonderkündigungsschutzes

Der Sonderkündigungsschutz dient der Funktionsfähigkeit der Betriebsverfassung. Die Betriebsratsmitglieder sollen ihre Tätigkeit ausüben können, ohne dabei Sorge um ihren Arbeitsplatz haben zu müssen. Dadurch soll verhindert werden, dass der Arbeitgeber unliebsame Betriebsratsmitglieder einfach wegkündigen kann. Außerdem soll so eine gewisse Konstanz in der Zusammensetzung des Betriebsrats für die Dauer der Wahlperiode sichergestellt werden.


weitere Positionen des Sonderkündigungsschutzes

Den Sonderkündigungsschutz genießen neben den Betriebsratsmitgliedern auch Beschäftigte, die Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung (§ 15 Abs. 1 KSchG), einer Personalvertretung (§ 15 Abs. 2 KSchG, § 47 BPersVG) oder der Schwerbehindertenvertretung sind (§ 179 Abs. 3 SGB IX, § 15 KSchG) sowie Mitglieder des Wahlvorstands und Wahlbewerber (§ 15 Abs. 3 KSchG). Durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom 14.6.2021 wurde der Kündigungsschutz auf die Initiatoren einer Betriebsratswahl erweitert (§ 15 Abs. 3a KSchG).


Beginn und Ende des Sonderkündigungsschutzes

Der besondere Kündigungsschutz beginnt mit der Amtszeit nach § 21 Satz 2 Halbsatz 1 BetrVG. War bisher kein Betriebsrat vorhanden, läuft die Amtszeit ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Der besondere Kündigungsschutz endet mit dem Ablauf der Amtszeit oder der Auflösung des Betriebsrates beziehungswiese mit dem Ausscheiden des einzelnen Mitglieds aus dem Betriebsrat (§§ 21 bis 24 BetrVG). Endet die Mitgliedschaft durch gerichtliche Entscheidung gemäß § 24 Nr.5, Nr.6 BetrVG, besteht der Kündigungsschutz bis zur Rechtskraft des Urteils.


keine ordentliche Kündigung

Betriebsräte können nur außerordentlich gekündigt werden, sofern ein wichtiger Grund vorliegt. Hierzu muss sich der Arbeitgeber jedoch die Mehrheit der Stimmen des Betriebsrats einholen, § 103 Abs. 1 BetrVG. Als zulässiger wichtiger Grund gelten allem voran erhebliche Pflichtverletzungen. Nach umfassender Interessenabwägung beider Vertragsteile darf es dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar sein, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Zur außerordentlichen Kündigung kann auch ein krankheitsbedingter Ausfall genügen, wenn davon auszugehen ist, dass das Betriebsratmitglied dauerhaft derart erkrankt ist, dass eine Rückkehr an den Arbeitsplatz ausgeschlossen ist.


Ausnahme

Eine Ausnahme besteht nach § 15 Abs. 4 und 5 KSchG bei Betriebsstillegungen. In diesem Falle kann eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden. Keine Betriebsstillegung ist die Veräußerung oder Verpachtung des Betriebs. Hier greifen die Regeln des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 BGB. Auch eine Umwandlung nach dem UmwG stellt keine Betriebsstillegung dar.

Wird hingegen nur eine Abteilung des Betriebs stillgelegt, muss sich der Arbeitgeber zuvor vergewissern, ob das Betriebsratsmitglied in einer anderen Abteilung im Betrieb weiterbeschäftigt werden kann. Hierbei kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, die Übernahme des Betriebsratsmitglieds in eine andere Abteilung durch Freikündigung eines geeigneten gleichwertigen Arbeitsplatzes sicherzustellen (BAG Urt. v. 23.2.2010 - 2 AZR 656/08).



Bickenbach, den 19.07.2023

Mitgeteilt von
Rechtsreferendar Michel Wittor
Dingeldein • Rechtsanwälte

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