Die materiellrechtlichen Anforderungen an eine Kündigung sind für den Arbeitgeber schwierig zu erfüllen, sofern das Kündigungsschutzgesetz zur Anwendung kommt. Umso wichtiger ist es, die formellen Voraussetzungen zu beachten, damit nicht bereits aus diesen Gründen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht als unwirksam erachtet wird.
Besteht ein Betriebsrat im Unternehmen, muss dieser zwangsläufig vor dem Ausspruch einer jeden Kündigung angehört werden, bevor die Kündigung sodann - unabhängig von der Reaktion des Betriebsrates - ausgesprochen werden kann. Wichtig ist es hierbei insbesondere, dass im Falle einer beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweisen ordentlichen Kündigung dem Betriebsrat für beide Kündigungen die Hintergründe geschildert und die Wartezeit auch für die ordentliche Kündigung eingehalten wird.
Die Aufgabenbereiche von Personal- und Betriebsrat ähneln sich stark, allerdings sind die wenigen Unterschiede streng im Blick zu behalten: Während der Personalrat ebenso wie der Betriebsrat bei einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung lediglich ein Anhörungsrecht hat, kann eine ordentliche Kündigung oder Entlassung nur dann formwirksam ausgesprochen werden, sofern der Personalrat dieser zugestimmt hat.
Vor dem Ausspruch einer Kündigung eines Schwerbehinderten muss zwangsläufig vorab die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt werden, da die Kündigung ansonsten unwirksam ist und auch nicht nachträglich geheilt werden kann. Dies gilt auch für solche Mitarbeiter, die Schwerbehinderten gleichgestellt sind. Hat der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung und teilt der betroffene Mitarbeiter diese fristgerecht nach Ausspruch einer Kündigung mit, muss der Arbeitgeber eine erneute Kündigung aussprechen - ebenso nach vorheriger Einholung einer entsprechenden Zustimmung des Integrationsamtes.
Betriebsratsmitglieder, Schwangere - und in Hessen übrigens auch Gemeinderatsmitglieder - genießen einen besonderen Kündigungsschutz mit der Konsequenz, dass diese Mitarbeiter in nahezu allen Fällen unkündbar sind. Auch hier gilt: Spricht der Arbeitgeber in Unkenntnis vom besonderen Kündigungsschutz eine Kündigung aus und teilt daraufhin der betroffene Mitarbeiter diesem fristgerecht Gründe des besonderen Kündigungsschutzes mit, beendet die ausgesprochene Kündigung nicht das Arbeitsverhältnis.
Vor den Arbeitsgerichten wird eine Abfindung in der Regel nach dem materiellrechtlichen Prozessrisiko bemessen. Leidet die Kündigung indes bereits an formellen Mängeln, muss der Arbeitgeber damit rechnen, dass der Kläger auf Zeit spielt und diesen erst im Kammertermin aufzeigt. Denn in diesem Fall ist ein Urteil zulasten des Beklagten wahrscheinlich und der Kläger hat sich somit einen Verzugslohnanspruch erstritten.
Bickenbach, den 15.02.2024
Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte
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