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Der Handyverstoß am Steuer

"Die sollen mir mal nachweisen, dass ich keinen Rasierapparat in der Hand hatte"
oder
"Ich hatte das Handy gar nicht in der Hand, sondern es lag auf meinem Bein."
Bei dem Vorwurf eines "Handy-Verstoßes" sind die Versuche, sich zu verteidigen, mitunter fantasievoll und sportlich. Meistens aber erfolglos!

Wegen der Unfallgefahr, die durch Benutzung eines smartphones während der Autofahrt in ganz erheblichem Ausmaß ansteigt, besteht eine Tendenz in Gesetzgebung und Rechtsprechung, die "Handy-Benutzung" so weit wie möglich zu verbieten und die Benutzung von "elektronischen Kommunikationsgeräten", so die genaue Bezeichnung im Gesetzestext der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), zu reglementieren.

§ 23 der StVO beschreibt unter "Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden" zu Ziffer
"(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn

  1. hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
  2. entweder
      a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
      b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.

Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder."

Schon die "entweder-oder"-Formulierung macht die Lektüre des Gesetzestext nicht einfach; dazu kommt, dass nicht nur das "Handy", also das Mobiltelefon als solches in die Regelung einbezogen ist, sondern "elektronische Kommunikationsgeräte".

Man durfte aber bislang davon ausgehen, dass man das "Handy" im wahrsten Sinne des Wortes mit der Hand halten und bedienen musste, um sanktioniert zu werden. Dem hat nun aktuell das höchste bayerische Gericht in Bußgeldsachen eine Absage erteilt.

"Halten" i.S.d. Bußgeldrechtes auch bei Ablegen auf dem Oberschenkel!


Beschluss des BayObLG, 10.01.2022, 201 ObOWi 1507/21

"Der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach §§ 23 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO erfüllt, wer ein elektronisches Gerät zur Nutzung aufnimmt oder hält, wobei das Tatbestandsmerkmal des "Haltens" nicht nur vorliegt, wenn es mit der Hand ergriffen wird, sondern auch, wenn es auf dem Oberschenkel abgelegt wird. Hier wurde durch wiederholtes Tippen eine Rufnummer gewählt, sodass nach weiter Auslegung des Wortlautes auch daher ein "Halten" vorliegt, da das Gerät in sonstiger Weise mit Hilfe der menschlichen Muskulatur in seiner Position verblieb. Denn ein Mobiltelefon kann während der Fahrt, verbunden mit den damit einhergehenden Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen, nicht allein durch die Schwerkraft auf dem Schenkel verbleiben, sondern es bedarf bewusster Kraftanstrengung, um die Auflagefläche so auszubalancieren, sodass auch Sinn und Zweck der Regelung für eine solche Auslegung sprechen."


Fazit nach diesem aktuellen Beschluss des BayObLG:

Selbst das Tatbestandsmerkmal des Gerätehaltens soll nach richtiger Auslegung der Regel im Ablegen und Ausbalancieren auf dem Oberschenkel erfüllt sein. Das ist zwar gegen den Wortlaut "halten", entspricht aber der eingangs skizzierten Tendenz in Gesetzgebung und Rechtsprechung, wegen der Unfallträchtigkeit der Benutzung des "Handys" den Gebrauch während des Autofahrens zu reglementieren.



Bickenbach, den 09.02.2022

Mitgeteilt von
RA Stefan Krump
Dingeldein • Rechtsanwälte

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