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Das Widerspruchsrecht beim Betriebsübergang

Informiert der Arbeitgeber seine Mitarbeiter darüber, dass das Unternehmen auf einen Rechtsnachfolger übergeht, räumt § 613a VI BGB dem Arbeitnehmer ein Widerspruchsrecht ein. Was sind die Konsequenzen?


Grundsätzliches:

Ist ein Betriebsübergang geplant, muss die Belegschaft hierüber in Textform unterrichtet werden. Der Arbeitnehmer hat dann einen Monat nach Zugang der Information ein Widerspruchsrecht. Wurde der Mitarbeiter nicht vollständig gemäß § 613a V BGB informiert, beginnt die Widerspruchsfrist nicht zu laufen.


Weiterbeschäftigung beim alten Arbeitgeber möglich?

Ist eine Weiterbeschäftigung beim alten Arbeitgeber nicht möglich, kann die Ausübung des Widerspruchs durch den Arbeitnehmer eine betriebsbedingte Kündigung zur Folge haben. Eine Weiterbeschäftigung beim alten Arbeitgeber ist immer nur dann sicher ausgeschlossen, wenn dieser seinen Betrieb vollständig aufgibt. Geht lediglich ein Betriebsteil auf einen Rechtsnachfolger über, ist der Tätigkeit des betroffenen Mitarbeiters entscheidend.


Weiterbeschäftigung beim neuen Arbeitgeber zu gleichen Bedingungen?

Ist eine Weiterbeschäftigung beim Rechtsnachfolger zu gleichen Bedingungen möglich, muss dem Arbeitnehmer dies auch angeboten werden. Das bedeutet insbesondere, dass die Betriebszugehörigkeit auf das Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber angerechnet wird und damit die Kündigungsfristen gleichbleiben. Auch sämtliche anderen Vertragsbedingungen wie beispielsweise Urlaubstage, Arbeitszeit und Gehalt mitsamt Boni müssen identisch bleiben.


Annahmeverzugslohn vs. böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs

Übt der Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht aus und wird ihm daraufhin die Kündigung ausgesprochen, hat er die Möglichkeit, gegen seinen alten Arbeitgeber Annahmeverzugslohnansprüche nach § 615 S. 1 BGB für die Zeit der Kündigungsfrist geltend zu machen. Diese können allerdings ersatzlos nach § 615 S. 2 BGB entfallen, wenn dem Arbeitnehmer vorzuwerfen ist, dass er es unterlassen hat, anderweitigen Erwerb zu erhalten. Dies wird bei einem Weiterbeschäftigungsangebot beim Rechtsnachfolger zu gleichen Bedingungen angenommen. Wurde der Arbeitnehmer auf den Entfall des Annahmeverzugslohns im Informationsschreiben nicht hingewiesen, kann dies dennoch Schadensersatzansprüche in Höhe des Annahmeverzugslohns auslösen.


Fazit

Der Betriebsübergang auf einen Rechtsnachfolger ist eine komplexe Angelegenheit. Sowohl Arbeitgeber sind gut beraten. sich bei der Erstellung des Informationsschreibens anwaltlich beraten lassen als auch Arbeitnehmer für den Fall, dass sie beim Rechtsnachfolger nicht weiterarbeiten möchten und die Kündigungsfristen über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs hinausgehen.



Bickenbach, den 27.07.2021

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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