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Beratungshilfeschein und Prozesskostenhilfe

Jeder Mensch verdient Gerechtigkeit. Jeder Mensch verdient Zugang zum Recht. Unabhängig von Vermögen und Einkommen. Um allen Bürgern und Bürgerinnen eine Durchsetzung oder Verteidigung ihrer Rechte zu ermöglichen, unterstützt der Staat "bedürftige" Menschen für die anwaltliche Beratung mit einem Beratungshilfeschein (BHS) und für das Gerichtsverfahren mit der Prozesskostenhilfe (PKH).


Wann und wie erhalte ich einen Beratungshilfeschein?

Sofern Sie eine Rechtsproblematik haben, die Anwaltskosten für eine juristische Beratung allerdings nicht stemmen können, haben Sie die Möglichkeit, bei dem Amtsgericht Ihres Wohngebietes einen Beratungshilfeschein (§§ 2 ff. BerHG) zu erhalten.

In der Geschäftsstelle werden Sie kurz Ihr Anliegen skizzieren müssen, um dann eine entsprechende Bescheinigung zu erhalten. Mit dieser können Sie bei jedem Rechtsanwalt eine Erstberatung bekommen. Bei Bedarf kann Ihr Anwalt auch außergerichtlich tätig werden. Sie müssen lediglich einen Unkostenbeitrag in Höhe von 15 Euro zahlen.


Wie erhalte ich die Prozesskostenhilfe?

Sofern Ihre Rechtsproblematik nicht außergerichtlich geklärt werden kann, haben Sie die Möglichkeit, über Ihren Rechtsanwalt bei Klageerhebung Prozesskostenhilfe zu beantragen.


Bedürftigkeit als Voraussetzung

Zentrale Voraussetzung zur Gewährung Ihrer PKH ist die Bedürftigkeit. So hart das in der juristischen Sprache auch klingt, gemeint ist einzig und allein: Sie können nicht alle geforderten Gerichts- und Anwaltskosten auf einmal und sofort stemmen. Das ist nicht unüblich.

Um Ihnen die beantragte PKH zu gewähren, prüft das Gericht Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Lebensverhältnisse.

Diese müssen Sie ihm offenlegen. Familienverhältnisse, Kontoauszüge der letzten drei oder vier Monate, Einkommensnachweise sowie eine Auflistung sämtlicher Sparbücher und Bargelder, Geldanlagen und aller anderen Vermögenswerte, die über das "Minimum an Haben" hinausgehen sollten Sie dem Gericht darlegen. Auch alle monatlichen Zahlungspflichten wie zum Beispiel Mietkosten, Unterhaltspflichten, Versicherungsgebühren oder Schulden bei der Bank müssen Sie dem Gericht aufzeigen.


Tipp

Denken Sie immer dran: Sie wollen beweisen, dass sie die Unterstützung benötigen. Je mehr Sie offenlegen, desto besser sind Ihre Aussichten auf die finanzielle Unterstützung.

Häufig ist jedoch der nicht bedürftig, dessen Kosten von einem anderen übernommen werden können - sei es der Ehepartner, die Rechtsschutzversicherung oder eine Gewerkschaft.


Erfolgsaussichten als weitere Voraussetzung

Und die letzte Voraussetzung lautet: Ihr Hauptfall muss Aussicht auf Erfolg haben. "Aussicht auf Erfolg" hat Ihr Fall, sobald Ihr Anliegen objektiv betrachtet mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfolgreich erscheint. Er darf nicht willkürlich sein.

Hilfsweise können Sie sich hier die Frage stellen: Würde ich auch vor Gericht gehen, wenn ich die Kosten des Prozesses selber tragen müsste? Ob Ihr Fall schlussendlich hinreichende Erfolgsaussichten hat, entscheidet das Gericht.


PKH gewährt - was jetzt?

Wurde eine PKH bewilligt, werden je nach Vermögenslage die Anwalts- und Gerichtskosten vom Staat (zumindest vorübergehend) gedeckt.

Die Bewilligung schließt jedoch nicht jedes Kostenrisiko aus.

Sollten Sie ihren Hauptprozess verlieren, sind Sie nach § 123 ZPO grundsätzlich dazu verpflichtet, entstandene Kosten der Gegenseite zu übernehmen. Ausnahmsweise gilt dies häufig in familienrechtlichen Fällen nicht oder in Fällen, in denen Ihr Vermögen eine bestimmte Untergrenze unterschreitet. Auch in arbeitsgerichtlichen Verfahren sind hier Besonderheiten in der Zivilgerichtsbarkeit gegeben.


Vorsicht: Ratenzahlungsprüfung über Jahre hinweg

Betont werden muss außerdem, dass eine einstige Gewährung der PKH nicht zu einem allgemeinen und andauernden Ausschluss sämtlicher Zahlungspflichten führt. Regelmäßig müssen Betroffene etwaige finanzielle Mittel in Raten zurückzahlen.

Bis zu vier Jahre nach dem Prozess unterliegen Sie einer Mitteilungspflicht. Verbessert sich Ihre Vermögenslage "wesentlich", sind Sie verpflichtet, dies dem Gericht mitzuteilen. Eine wesentliche Verschlechterung Ihrer Vermögenslage können Sie selbstverständlich auch anzuzeigen - dies kann zu einer Verringerung Ihrer monatlichen Raten führen.



Bickenbach, den 16.02.2024

Mitgeteilt von
Praktikantin Antonia Jans
Dingeldein • Rechtsanwälte

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