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Die Abgrenzung einer Änderungskündigung zur Beendigungskündigung

Die Änderungskündigung stellt als milderes Mittel zur Beendigungskündigung ein Angebot des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer dar, zu anderen Bedingungen als im Arbeitsvertrag vorgesehen das Arbeitsverhältnis fortzusetzen und nur für den Fall, dass dieses Angebot vom Arbeitnehmer nicht angenommen wird, eine ordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar.

Die Änderungskündigung stellt dabei im Vergleich zur Beendigungskündigung das mildere Mittel dar. Dies liegt daran, dass bei der Beendigungskündigung das Arbeitsverhältnis ersatzlos beendet wird, während der Arbeitnehmer bei der Änderungskündigung zumindest noch die Möglichkeit hat, das Arbeitsverhältnis unter veränderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen.

Da im Arbeitsrecht die Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung aufgrund ihrer Milde Vorrang genießt, ist der Arbeitgeber gehalten, bevor eine Beendigungskündigung in Erwägung gezogen wird, die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung unter anderen Bedingungen zu prüfen. Allerdings kann der Arbeitgeber auch ausnahmsweise von einer Änderungskündigung absehen, wenn mit einiger Sicherheit davon auszugehen ist, dass der Arbeitnehmer das Angebot zur Weiterbeschäftigung unter veränderten Bedingungen ablehnen würde.


Der Arbeitgeber, der Böses im Schilde führt?

Oft kommt es in der Praxis vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber eine Änderungskündigung ausspricht, um den Arbeitnehmer aufgrund der veränderten und zumeist deutlich unattraktiveren Arbeitsbedingungen dazu zu veranlassen, das Angebot abzulehnen und die Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses hinzunehmen. So möchte der Arbeitgeber formal betrachtet dem Grundsatz des Vorrangs der Änderungskündigung vor Beendigungskündigung Rechnung tragen, aber dies nur zum Schein, da das Arbeitsverhältnis zu den veränderten Bedingungen dem Arbeitnehmer nicht zumutbar ist. Ob eine rechtlich zulässige Änderungskündigung gegeben ist, ist dann beim konkreten Fall in zwei Schritten zu prüfen.

1. Es ist zunächst zu prüfen, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen unvermeidlich ist, d.h. ob der Arbeitgeber wirklich gezwungen ist, eine Änderung der Arbeitsbedingungen vorzunehmen. Hierbei ist im Einzelfall zu prüfen, ob die bisherigen Arbeitsbedingungen vom Arbeitgeber nicht mehr aufrechterhalten werden können.

Stellt sich heraus, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen ohne Not bzw. aus Willkür vorgenommen werden soll, so ist bereits der Ausspruch einer Änderungskündigung rechtlich nicht zulässig. Stellt sich jedoch heraus, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen unabweisbar ist, folgt der zweite Prüfungsschritt.

2. Als nächstes ist zu prüfen, ob es möglich ist, dass der Arbeitgeber zwar die Arbeitsbedingungen ändert, die Änderung der Arbeitsbedingungen jedoch für den Arbeitnehmer weniger gravierend ausfällt. Ist der Arbeitgeber in der Lage, eine weniger gravierende Änderung der Arbeitsbedingungen vorzunehmen, so hat der Arbeitgeber dies zu tun. Denn der Arbeitgeber darf nur Änderungen vornehmen, die auch wirklich notwendig sind.


Liegt überhaupt eine Änderungskündigung vor?

Es ist zu beachten, dass der Arbeitgeber nicht bei der Vornahme jeglicher Änderung der Arbeitsbedingungen auf eine Änderungskündigung zurückgreifen muss.

Durch das in § 106 GewO normierte Direktionsrecht hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, innerhalb des vom Arbeitsvertrag gesetzten Rahmens eine Änderung vorzunehmen. Hierbei ist zu beachten, dass, wenn die Parteien einzelne Vertragsbestandteile konkretisiert haben, diese dem Weisungsrecht des Arbeitgebers entzogen sind. Wenn beispielsweise innerhalb des Arbeitsvertrages ein Ort als Arbeitsort festgelegt wurde und der Arbeitsvertrag nicht einseitig vom Arbeitgeber geändert werden kann, so ist der Arbeitgeber gezwungen, eine Änderungskündigung auszusprechen.

Sollten im Arbeitsvertrag hingegen konkrete individual- oder kollektivrechtliche Regelungen fehlen, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach Ablauf einer längeren Zeit eine Konkretisierung von einzelnen Arbeitsbedingungen entstehen, deren Änderung es einer Änderungskündigung bedarf. Denn durch die Konkretisierung einzelner Arbeitsbedingungen entziehen sich dieselben dem Weisungsrecht des Arbeitgebers.

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass es bei der Beurteilung, ob eine Konkretisierung von einzelnen Arbeitsbedingungen vorliegt, nicht allein auf den Zeitablauf ankommt, sondern auf die Gesamtumstände des Arbeitsverhältnisses. Wenn jedoch keine vertragliche Regelung oder Konkretisierung hinsichtlich des Arbeitsortes gegeben ist, so handelt es sich um eine im Rahmen des Weisungsrechts des Arbeitgebers ergangene Versetzung und nicht um eine Änderungskündigung.


Kündigungsschreiben prüfen lassen

Bei Vorliegen eines Kündigungsschreibens des Arbeitgebers ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, ob eine Änderungskündigung oder eine Beendigungskündigung vorliegt. Daher ist es sinnvoll, die erhaltene Kündigung juristisch prüfen zu lassen.

Die Änderungskündigung im Sinne von § 2 KSchG muss ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu veränderten Bedingungen enthalten, wobei das besagte Angebot bestimmt sein muss. Es muss klar ersichtlich sein, welche Arbeitsbedingungen zukünftig gelten sollen.

Ein Angebot des Arbeitgebers liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer unmittelbar ohne Zwischenschritte in der Lage ist, durch bloße Zusage die Fortsetzung des mit veränderten Arbeitsbedingungen versehenen Arbeitsverhältnisses herbeizuführen. Stellt der Arbeitgeber nur in Aussicht, der Arbeitnehmer könne sich neu auf eine andere Stelle im Unternehmen bewerben, so liegt hierin kein Angebot vor.

Rechtlich betrachtet stellt das Inaussichtstellen eines anderen Arbeitsplatzes unter Vornahme eines Bewerbungsverfahrens eine sogenannte Invitatio ad Offerendum, also Einladung an den Arbeitnehmer, seinerseits des Arbeitgebers ein Angebot zu unterbreiten, dar.

Der Unterschied zwischen einem Angebot und einer Invitatio ad offerendum liegt darin, dass der Arbeitgeber im Sinne von § 145 BGB an sein Angebot gebunden ist, während er beim Ausspruch einer Invitatio ad Offerendum keiner Bindungswirkung unterliegt und das Geschehen allein in die Hand des Arbeitnehmers legt.

Als problematisch stellt es sich dar, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber erklärt, er könne von einem anderen Unternehmen übernommen werden. Ein solcher Fall ist jedoch vom Wortlaut des § 2KSchG nicht umfasst. Denn die besagte Norm sieht vor, dass das Angebot, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand hat, also die Fortsetzung des zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Arbeitsverhältnisses. Wird dem Arbeitnehmer jedoch ein Arbeitsplatz in einem anderen Unternehmen in Aussicht gestellt, wird ein anderer Arbeitgeber ins Spiel gebracht.


Fazit:

Nicht allzu selten zeigt sich, dass der Arbeitgeber gar nicht berechtigt war, überhaupt eine Änderungskündigung auszusprechen, sodass der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf hat, weiter zu denselben ursprünglichen Arbeitsbedingungen beschäftigt zu sein und gar nicht auf die Annahme das Angebot des Arbeitgebers angewiesen ist. Würde der Arbeitnehmer sich in einem solchen Fall darauf einlassen, zu geänderten Arbeitsbedingungen zu arbeiten, würde er sich ohne Not schlechter stellen als er müsste.

Sollten Sie von Ihrem Arbeitgeber eine Änderungskündigung erhalten haben, ist Ihnen geraten, schnellstmöglich juristischen Rat einzuholen.



Bickenbach, den 03.11.2023

Mitgeteilt von
Ass. jur. Patrick Bock
Dingeldein • Rechtsanwälte

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