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Ist die Schließung der Kitas rechtmäßig?

Seit Mitte März dürfen die Kinder nicht mehr in die Kita. Obwohl die Kleinen sicherlich anfangs mehr Verständnis dafür aufgebracht haben als mancher Erwachsener, sehnen auch sie sich inzwischen auch nach Ihresgleichen. Der Dialog zwischen einer Mutter und ihrem Kind auf dem Spielplatz letztens war einfach herzzerreißend: "Mama, ich weiß gar nicht, was ich spielen soll." – "Das Problem hatten wir aber vor der Öffnung der Spielplätze nicht!" – "Ich hab aber keine Freunde mehr." Der VGH in BaWü entschied jetzt aber: Die Schließung der Kitas ist rechtmäßig.


VGH BaWü: ausschließlicher Notbetrieb

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg fiel vor dem Hintergrund, dass es gerechtfertigt sei, dass aktuell nach wie vor lediglich ein Notbetrieb in der Kita eingerichtet sei, der eine Betreuung derjenigen Kinder vorsieht, deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten. Die Begrifflichkeit ist rein politischer Natur und existiert erst seit der Corona-Krise. Unter vorgenannten Berufen versteht man unter anderem Pfleger in Heimeinrichtungen sowie Krankenhäusern, Betreuer und Supermarktkassierer.


Kein Eingriff in den Schutz der Familie

Obwohl die Familie verfassungsrechtlich geschützt ist, wertete das Gericht die dauerhafte Schließung der Kitas nicht als unverhältnismäßigen Eingriff in dieses Grundrecht. Das Infektionsschutzgesetz sieht die Schließung ausdrücklich vor zur Verlangsamung der Ausbreitung des Virus. Die Handlungsfreiheit der Familien und die Berufsfreiheit der betroffenen Eltern, die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützt sind, müssten dahinter zurücktreten.


Keine dauerhafte Vereinbarkeit von Homeoffice und Kinderbetreuung

Dennoch wird der Geduldsfaden sämtlicher Familienmitglieder inzwischen überstrapaziert. 54% der Männer haben "die Schnauze voll" vom Homeoffice, 63% der Frauen wünschen sich eine Rückkehr in den Job. Die Zahlen sind sicherlich ein Resultat der praktischen Unvereinbarkeit von Arbeit und Kinderbetreuung daheim, die bei älteren Kindern zusätzlich mit Schularbeit einhergeht.


Fazit

Von Beginn an der Corona-Krise war es in Deutschland im Unterschied zu unseren Nachbarländern nach wie vor möglich, sich unter Auflagen frei draußen zu bewegen, um häuslicher Gewalt entgegenzuwirken. Nach zwei Monaten wird an weiteren Schrauben gedreht: Die Schulen werden schrittweise wieder geöffnet. Die ganz Kleinen allerdings müssen sich mit ihren Eltern wohl noch ein wenig in Geduld üben.



Bickenbach, den 16.04.2020

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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