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Wem gehört die künstlich befruchtete Eizelle?

Deutschlands Nachwuchs ist seit 15 Jahren erstmals wieder angestiegen. Es ist allerdings nicht selten, dass der Kinderwunsch groß ist, es auf dem natürlichen Weg aber einfach nicht klappen will. Die Fortpflanzungsmedizin boomt und mit ihr kommen rechtliche Problematiken auf, an die einst bei Gesetzesverkündung noch nicht im Entferntesten gedacht worden sind.

Entscheidet sich ein Paar zur künstlichen Befruchtung, wird der Frau eine Eizelle entnommen, in die dann Spermien vom Mann injiziert werden. Nach erfolgreicher Verschmelzung und Zellteilung im Reagenzglas wird die sog. Zygote in die Gebärmutter der Frau gesetzt.

Verläuft alles nach Plan, wird die Frau schwanger. Doch was ist, wenn es sich der Mann zwischenzeitlich anders überlegt und kein Kind mehr möchte?

Die künstliche Befruchtung wird mittels notariellen Vertrages zwischen dem Paar geregelt. In ihm befindet sich auch eine Widerrufsklausel. Nach Abschluss des Vertrages kann der Mann oder die Frau noch der künstlichen Befruchtung widersprechen, auch gegen den Willen des anderen.

Was ist aber, wenn die Zellen bereits verschmolzen wurden und bereit zur Einpflanzung sind – kann der Mann dann noch darüber entscheiden, ob die Frau schwanger wird oder liegt es in diesem Moment allein in der Hand der Frau? Mit dieser Frage setzt sich gerade das Landgericht Bonn auseinander.

Vergleicht man die künstliche Befruchtung so weit es geht mit der natürlichen, kann ab dem Zeitpunkt der Verschmelzung der Eizelle mit der Samenzellen, also nach dem Geschlechtsverkehr, der Mann nicht mehr darüber entscheiden, ob die Frau nun schwanger wird oder nicht. Er darf sie nicht zur Einnahme der Pille danach oder gar zur Abtreibung zwingen. Es liegt nun allein in der Hand der Frau und der Natur, was geschieht.

So lässt sich auch im Fall der künstlichen Befruchtung argumentieren. Hat der Mann erst einmal seine Spermatozoen abgegeben, sei es auch nur ins Reagenzglas, gibt es wohl kein Zurück mehr. Das vertragliche Widerrufsrecht gilt für dieses Stadium nicht mehr.

Diese Argumentation ist auch im Sinne des Embryonenschutzgesetzes. Denn dürfte der Mann die Einsetzung der künstlich befruchteten Eizelle verhindern, würde dies auch den Tod der Zygote bedeuten, aus dem ein Embryo hervorgehen könnte. Streitig ist allerdings, ab welchem Stadium der Zellteilung die befruchtete Eizelle schon Schutz genießt.

Für die Frau im konkreten Fall vor dem LG Bonn spricht auch, dass sie bereits 40 Jahre alt ist und eine Verhinderung der Transplantation des Zellhaufens für sie wahrscheinlich bedeuten würde, keine eigenen Kinder mehr bekommen zu können. Andererseits zieht die Entscheidung pro Embryo auch Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den Mann mit sich.

Es bleibt abzuwarten, wie das Gericht entscheiden wird, ab wann der Mann kein Mitspracherecht mehr über die Fortpflanzung seiner Gene hat.

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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