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Welche Folgen wird der Brexit haben?

Die Briten haben mehrheitlich für den Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union gestimmt und werden die EU nach Abschluss der Austrittsverhandlungen voraussichtlich im Sommer 2018 verlassen. Das hat auch rechtliche Konsequenzen: Zu den Grundfreiheiten der Europäischen Union zählen nämlich die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Warenverkehrsfreiheit, die Niederlassungsfreiheit, die Dienstleistungsfreiheit und die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit.

Konkret: Was ändert sich für Arbeitnehmer, wer profitiert wirtschaftlich und was gilt für Urlauber?


1. Die Konsequenz des Brexit für den Arbeitnehmer

Die gesetzlich gewährleistete Arbeitnehmerfreizügigkeit ist eine der großen Vorteile der europäischen Union. Als Bürger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union darf man sich im EU-Ausland frei bewegen, d.h. leben und arbeiten.

Rente und andere sozialversicherungsrechtliche Ansprüche
Auch können z.B. Versicherungsansprüche EU-weit von einem Land ins andere mitgenommen werden, sodass man in verschiedenen Ländern arbeiten kann, ohne Einbußen bei der Rente befürchten zu müssen.

EU-Arbeitnehmer: Visum
Mit dem Austritt wird es für Arbeitnehmer aus anderen Ländern deutlich schwieriger sein, in England zu arbeiten. Dass sich das Land auf Ausnahmen für Arbeitnehmer aus der EU einlassen und die Arbeitnehmerfreizügigkeit beibehalten wird, gilt als unwahrscheinlich. Ob Arbeitnehmer aus der EU künftig ein Visum brauchen werden, wird sich zeigen. Falls es so kommen sollte, wird es auch schwierig werden für britische Firmen, Arbeitskräfte zu finden. Nach einer Studie erfüllen mindestens drei Viertel der EU-Ausländer die Vorgaben nicht, die für Bewerber außerhalb der Staatengemeinschaft gelten, in einigen Industrien, wie z.B. in der Gastronomie, werden beinahe die 100% erreicht.

britische Arbeitnehmer: Bürokratie
Die Briten brauchen wahrscheinlich eine Arbeitserlaubnis, um in Deutschland künftig arbeiten zu dürfen. Das erfordert ein Mehr an Bürokratie.


2. Die Konsequenz des Brexit für den Zahlungsverkehr

Die gesetzlich gewährleistete Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit ist ein weiter großer Vorteil der EU.

Währung
Der Brexit hat bereits zu einer deutlichen Abwertung des britischen Pfunds geführt. Derzeit ist daher ein vergleichsweise preiswerter Aufenthalt im Vereinigten Königreich möglich. Umgekehrt wird der Urlaub für Briten in einem EU-Mitgliedsstaat aber teurer. Das könnte finanzielle Folgen für manches europäisches Land mit sich bringen, das vom Tourismus lebt.

Banken und andere Finanzdienstleister
Der europäische Finanzmarkt basiert auf einem erleichterten Zugang zu Finanzdienstleistern wie Banken, Versicherungsgesellschaften oder Investmentfonds. Je nach Ausgang der Verhandlungen kann es sein, dass diese Verknüpfung vollständig wegfällt. Internationale Wertpapiere und Banken müssen dann umstrukturieren.


3. Die Konsequenz des Brexit für die wirtschaftlichen Beziehungen

Die gesetzlich gewährleisteten Waren-, Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheiten sind ebenfalls nicht zu unterschätzende Vorteile der europäischen Union. Als Unternehmer eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union darf man EU-weit Handel betreiben, Dienstleistungen anbieten und Unternehmen gründen.

Vorteil der EU: vernetzte Schnelllebigkeit
Es gelten Regeln, an die sich jedes EU-Land halten muss, die aber den Handel und die Wirtschaft erleichtern. Damit wird der Schnelllebigkeit des Handels- und Wirtschaftsverkehrs Rechnung getragen.

Kein Mitspracherecht mehr für England
Zunächst einmal wird Großbritannien mit dem Austritt kein nennenswertes Mitspracherecht mehr bei der Festlegung handelsrechtlicher Regelungen innerhalb der Union haben.

Eigene Freihandelsabkommen
Daher muss England eigene Freihandelsabkommen abschließen mit den jeweiligen Ländern, mit denen es Wirtschaft betreiben will. Das wird die Sache verkomplizieren und dadurch den Handel erschweren. Das wird sich am Schnellsten am Zoll zeigen und langfristig auf den Binnenmarkt auswirken.

Verzögerungen und dadurch Austrocknung der Märkte
Eine Zweigniederlassung britischer Firmen im Ausland bedarf nach dem Austritt einer Erlaubnis. Dieser Vorgang verlangsamt den Vorgang, sodass es zu erheblichen Veränderungen und nicht zuletzt auch zu Verwerfungen kommen wird.

Wer profitiert?
Insbesondere das aus London betriebene Eurogeschäft muss gewaltig umstrukturiert werden. Das braucht Zeit und kostet Geld. Der Finanzplatz Frankfurt könnte von diesem Umstand profitieren. Das hängt allerdings von den Verhandlungsergebnissen und den Entscheidung der Unternehmungen ab, wo sie sich neu ansiedeln werden. Hier werden Luxemburg und Irland profitieren.


4. Die Konsequenz des Brexit für Reisende von und nach England

Roaming-Gebühren
Ab dem Jahr 2017 entfallen in allen EU-Mitgliedsländern die Roaming-Gebühren für Telefonate über das Handy. Von diesem Vorteil wird man in England nicht mehr profitieren.

Flüge
Fluggesellschaften mit Sitz in der EU profitieren von Vorteilen, die ihnen die EU einräumt. Mit dem Austritt aus der EU werden sich die Flüge von und nach England verteuern, sofern man mit einer britischen Airline fliegt. Entschädigungen nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung bei z.B. stark verspäteten Flügen werden entfallen und es werden britische Regelungen gelten.

Reisepass
Möglicherweise benötigt jeder Erwachsene ab 2018 einen Reisepass, um nach Großbritannien einreisen zu können. Kinder brauchen schon jetzt in der Regel einen Reisepass für alle Auslandsreisen. Unwahrscheinlich wird wohl sein, dass Bürger der EU in Zukunft ein Visum für ihren Urlaub in Großbritannien brauchen werden.

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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