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Stress mit dem Chef: Darf er mein Handy einkassieren?

Gerade junge Menschen neigen dazu, ständig überall erreichbar zu sein. Kaum vibriert das Smartphone, wird darauf geguckt und sofort auf die Nachricht oder den Anruf reagiert.


Die Situation

Der Arbeitgeber möchte es unterbinden, dass während der Arbeitszeit ständig das Smartphone involviert wird. Darf er Handys am Arbeitsplatz verbieten? Und darf er es bei übermäßigem Gebrauch einfach abnehmen?


Die rechtliche Einschätzung

Der Produktivitätsverlust durch die Nutzung des Smartphones am Arbeitsplatz ist nicht zu unterschätzen. Es wird geschätzt, dass gut ein Fünftel der Arbeitszeit von Beschäftigten mittlerweile für private Angelegenheiten im Netz und am Smartphone draufgeht.

Arbeitgeber können jederzeit Weisungen erteilen oder ändern, die unmittelbar das Arbeitsverhalten betreffen. Dazu zählt auch, private Telefonate zu untersagen oder ein generelles Handyverbot am Ausbildungsplatz oder Arbeitsplatz auszusprechen.

Für dieses Verbot benötigt man weder die Zustimmung des Mitarbeiters noch hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Das Benutzen von privaten Mobiltelefonen während der Arbeitszeit ist nämlich kein mitbestimmungspflichtiges Ordnungsverhalten.

Unter Berufung auf das Direktionsrecht können jedoch nur bestehende vertragliche oder gesetzliche Pflichten konkretisiert, nicht aber neue Verpflichtungen geschaffen werden. Das Handy wegzunehmen, ist gefährlich für den Arbeitgeber und wohl höchstens nach mehrmaliger Androhung als kurzfristige Sanktion möglich. Der Arbeitnehmer muss aber mit einer Abmahnung rechnen bei Zuwiderhandlung der Anweisungen des Chefs. Jedenfalls gehört es zu den selbstverständlichen Pflichten, dass Arbeitnehmer während der Arbeitszeit von der aktiven und passiven Benutzung der Smartphones absehen, so das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Beschluss aus 2009, AZ: 6 TaBV 33/09).

Das Landesarbeitsgericht Köln geht davon aus, dass der Arbeitnehmer von einer arbeitgeberseitigen Duldung im angemessenen, sozialadäquaten Umfang ausgehen darf, sofern kein Verbot ausgesprochen wurde und eine klare Nutzungsregelung fehlt. Als sozialadäquat gelten etwa zehn Minuten am Arbeitstag (LAG Köln, 4 Sa 1018/04).

Gleiche Grundsätze darf man auch auf das Ausbildungsverhältnis zu Grunde legen. Gut zu wissen ist, dass auch der zuständige Ausbilder der Azubis ein entsprechendes Direktionsrecht hat, um Verbote auszusprechen.

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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