Wenn der Betrieb, in dem sie arbeiten, mehr als zehn Arbeitnehmer hat und Sie schon länger als sechs Monate dort beschäftigt sind, genießen Sie allgemeinen Kündigungsschutz. Ihr Arbeitgeber braucht dann nicht nur für eine außerordentliche, sondern auch für eine ordentliche Kündigung einen vernünftigen Grund, damit die Kündigung wirksam ist.
Die Erfahrung zeigt, dass einige personenbedingte Kündigungen erfolgreich angegriffen werden können mit dem Ziel, den Erhalt des Arbeitsplatzes zu kämpfen oder um eine Abfindung zu erstreiten.
Im Gegensatz zur verhaltensbedingten Kündigung, bei der sich der Arbeitnehmer nicht entsprechend seiner Vertragspflichten verhält, knüpft die personenbedingte Kündigung an die Person des einzelnen Arbeitnehmers an. Häufigster Fall der personenbedingten Kündigung ist die krankheitsbedingte Kündigung. Als solche bezeichnet man eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung, mit der einem Arbeitnehmer, der durch das Kündigungsschutzgesetz geschützt ist, trotzdem in rechtlich zulässigerweise ordentlich unter strengen Voraussetzungen gekündigt werden kann, falls der Arbeitnehmer aufgrund seiner Krankheit den Arbeitsvertrag künftig nicht mehr erfüllen kann. Der Arbeitgeber kann unter Beachtung der Voraussetzungen den Arbeitnehmer also aufgrund von krankheitsbedingten Fehlzeiten kündigen.
Besteht in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat, so ist jede ausgesprochene Kündigung unwirksam, wenn Ihr Arbeitgeber den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung nicht angehört hat (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Im Falle des Ausspruchs einer Kündigung sollten Sie daher nach Erhalt der Kündigung unverzüglich bei Ihrem Betriebsrat vorstellig werden und diesen fragen, ob er vor Ausspruch Ihrer Kündigung überhaupt angehört worden ist. Falls ja, dann bitten Sie den Betriebsrat um Aushändigung der erfolgten Kündigungsanhörung durch den Arbeitgeber. Dies ermöglicht es dem Sie vertretenden Rechtsanwalt als Spezialist für Arbeitsrecht , vorab möglichst gut beurteilen zu können, ob die ausgesprochene Kündigung gerichtlich wirksam angegriffen werden kann.
Unwirksam sind auch oft Kündigungen, die gegenüber bestimmten Arbeitnehmergruppen ausgesprochen werden. So genießen Mitglieder des Betriebsrates, Schwangere und schwerbehinderte Arbeitnehmer besonderen Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch einer wirksamen Kündigung weitere Formalien beachten, so muss er z. B. vor Ausspruch einer Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers die Zustimmung des Integrationsamtes einholen. Mehr lesen Sie bitte unter dem Stichwort: "Kündigungsschutz".
Die krankheitsbedingten Kündigung muss drei Voraussetzungen erfüllen. Wenn nur eine der drei Voraussetzungen nicht erfüllt ist, ist eine krankheitsbedingte Kündigung unwirksam.
Bei der Interssenabwägung ist insbesondere zu bedenken, dass die Erkrankungen auf betriebliche Ursachen zurückzuführen sein müssen. Dabei ist die Betriebszugehörigkeit, das Alter und der Familienstand des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Auch Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung des Arbeitnehmers sind zu berücksichtigen. Im Rahmen der Interessenabwägung ist auch zu prüfen, ob der Arbeitgeber eine Personalreserve vorhält. Zudem müssen die Lohnfortzahlungskosten "außergewöhnlich" bzw. "extrem" hoch sein, um allein die weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers unzumutbar machen zu können. Als "außergewöhnlich" hoch hat das Bundesarbeitsgericht Lohnfortzahlungskosten für 60 Arbeitstage in einem Jahr, was der Verdoppelung des gesetzlichen Sechs-Wochen-Zeitraumes entspricht, angesehen. Des Weiteren ist bei der Prüfung, ob dem Arbeitnehmer die Belastung mit Lohnfortzahlungskosten noch zumutbar ist, auf die Ausfallquote von Arbeitnehmern mit vergleichbaren oder ähnlichen Arbeitsbedingungen abzustellen. Ist auch bei diesen die Quote der krankheitsbedingten Ausfälle besonders hoch, kann nur eine ganz erhebliche höhere Ausfallquote eine Kündigung rechtfertigen, und dies auch nur dann, wenn Überbrückungsmaßnahmen nicht erfolgreich oder nicht zumutbar gewesen sind.
Bei einer langanhaltenden Krankheit kommt die Kündigung als letztes Mittel erst dann zum Zuge, wenn dem Arbeitgeber die Durchführung von Überbrückungsmaßnahmen, z. B. die Einstellung von Aushilfskräften, die Anordnung von Mehrarbeit, organisatorische Umstellungen, nicht mehr möglich oder zumutbar ist. Versetzungen, Änderungen der Arbeitsbedingungen und Umschulungen können die Kündigung als mildere Maßnahme nur verhindern, wenn die krankheitsbedingten Fehlzeiten arbeitsplatzbezogen sind. Bei arbeitsplatzbezogener Arbeitsunfähigkeit kommt nicht nur die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einen freien leidensgerechten Arbeitsplatz in Betracht, sondern auch auf einen solchen, den der Arbeitgeber erst durch die Ausübung seines Direktionsrechtes freimachen muss.
Mit Hilfe eines betrieblichen Eingliederungsmanagements können mildere Mittel erkannt und entwickelt werden. Dies ist allerdings kein zwingendes Erfordernis für die Wirksamkeit der Kündigung.
Wenn Sie eine Kündigung erhalten, müssen Sie sich innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung entscheiden, ob Sie dagegen Kündigungsschutzklage erheben wollen oder nicht.
Die Beachtung der Drei-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage ist nicht nur dann wichtig, wenn Sie mit der Klage Ihre weitere Beschäftigung durchsetzen wollen. Die Einhaltung der Frist ist genauso wichtig, wenn Sie das Ziel verfolgen, eine gute Abfindung auszuhandeln. Ist nämlich die Klagefrist abgelaufen, so ist die ausgesprochene Kündigung wirksam und Ihr Arbeitgeber hat kein Risiko mehr, den Kündigungsschutzprozess zu verlieren. In einer solch schlechten Ausgangssituation ist daher normalerweise nicht davon auszugehen, dass sich Ihr Arbeitgeber noch auf die Zahlung einer Abfindung einlassen wird. Hingegen sind Arbeitgeber grundsätzlich bereit, eine Abfindung zu bezahlen, wenn diesen in einem Kündigungsschutzprozess dargelegt werden kann, dass die von ihnen ausgesprochene Kündigung durchaus mit Mängeln behaftet ist und damit unwirksam sein kann.
Haben Sie eine Rechtsschutzversicherung oder können Sie rechtliche Vertretung durch Ihre Gewerkschaft beanspruchen, so riskieren Sie durch eine Kündigungsschutzklage in der Regel nichts. Vielmehr haben Sie im Falle der Erhebung einer Kündigungsschutzklage die Möglichkeit, um Ihren Arbeitsplatz zu kämpfen oder aber die Chance auf eine Abfindung.
Je nach Ihrer finanziellen Lage besteht die Möglichkeit, dass der Staat die Kosten für Ihren Rechtsanwalt im Wege der Prozesskostenhilfe übernimmt.
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RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte
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