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Darf der Arbeitgeber zu viel gezahlten Lohn verrechnen?

Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer zu viel gezahlten Lohn zurückzuzahlen.

Keinesfalls darf der Arbeitgeber jedoch in diesem Zuge den gesamten nächsten Lohn einbehalten: Der Arbeitnehmer hat im Falle der Überzahlung einen Anspruch auf Erhalt eines sog. "Notbedarfsentgelts": Er muss noch imstande sein, seinen notwendigen Lebensbedarf zu decken. Daher darf der Arbeitgeber nur so viel an Geld bei der nächsten Lohnauskehrung verrechnen, wie ihm die gesetzliche Pfändungsfreigrenze erlaubt. Die Höhe bemisst sich nach dem Nettoeinkommen und der Unterhaltsverpflichtung und ist in entsprechender Tabelle nachzulesen.

Ausnahmsweise hat der Arbeitnehmer gar keine Rückzahlung zu leisten:


1. Es greift die (tarif-) vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist

Ist im Vertrag eine Ausschlussfrist vorgesehen hinsichtlich der Geltendmachung von Ansprüchen und ist diese Frist bereits abgelaufen, kann auch der Arbeitgeber den Lohn nicht wieder zurückfordern. Eine Ausnahme besteht bei erheblichen Überzahlungen.


2. Eintritt der gesetzlichen Verjährung eingetreten

Nach drei Jahren tritt die gesetzliche Verjährung ein. Entsprechende Lohnansprüche können mit Ablauf dieser Frist nicht mehr geltend gemacht werden.


3. Unkenntnis und Entreicherung

Schließlich muss der Arbeitnehmer den Lohn dann nicht zurückzahlen, wenn er im Vertrauen auf die Richtigkeit der höheren Entlohnung das Geld bereits ausgegeben hat, z.B. für eine Urlaubsreise. Hat er allerdings einen Gegenstand dafür erworben, z.B. ein Auto oder eine schicke Uhr, dann muss er diesen an den Arbeitgeber herausgeben.

Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig für seine Unkenntnis.

Ausnahmsweise braucht er diesen Beweis nicht zu erbringen, wenn es sich um geringfügige Beträge handelt, d.h. max. 100 Euro pro Monat. Dann hat der Arbeitgeber den Gegenbeweis zu erbringen, der ihm in der Regel schwer fallen wird.

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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